Sicher verladen, rechtlich abgesichert
Ladungssicherung ist kein beliebiges Thema, sondern gesetzliche Pflicht und lebenswichtiger Bestandteil eines sicheren Straßentransports. Trotz klarer Vorschriften kommt es immer wieder zu Unfällen durch verrutschte oder herabfallende Ladung, insbesondere im Schwerlastverkehr. Doch wer genau ist eigentlich für die Ladungssicherung verantwortlich? In diesem Beitrag klären wir die rechtlichen Grundlagen, zeigen, welche Personengruppen welche Verantwortung tragen und wie sich Haftung vermeiden lässt.
Warum Ladungssicherung so wichtig ist
Jährlich entstehen laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Schäden in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro allein an Fracht und Lkw durch mangelnde oder fehlerhafte Ladungssicherung. Hinzu kommen Unfälle, Verletzungen und Umweltschäden. Etwa ein Viertel aller Lkw-Unfälle hat seine Ursache in unsachgemäßer Ladungssicherung. Dabei ist die Rechtslage eindeutig: Die Vorschriften zur Ladungssicherung im Lkw sind in mehreren Regelwerken verankert. Bei Verstößen drohen Bußgelder, Punkte, zivilrechtliche Schadenersatzforderungen und im schlimmsten Fall strafrechtliche Konsequenzen.
Ladungssicherung – rechtliche Grundlagen
Die Ausgangslage ist klar in der Straßenverkehrsordnung (StVO) benannt. Hier heißt es in § 22 Absatz 1:
„Die Ladung einschließlich Geräte zur Ladungssicherung sowie Ladeeinrichtungen sind so zu verstauen und zu sichern, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen können. Dabei sind die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“
Die weiteren rechtlichen Vorgaben sind vielschichtig. Zentral sind folgende Regelungen:
- § 23 StVO: Der Fahrer ist für die Betriebssicherheit seines Fahrzeugs verantwortlich.
- § 412 HGB: Der Absender muss das Gut übergabefähig bereitstellen, inkl. Sicherungsmaßnahmen.
- VDI 2700: Richtlinie mit anerkannten Regeln der Technik zur ordnungsgemäßen Ladungssicherung.
- TRBS 1203: Anforderungen an Personen, die Hilfsmittel wie Zurrgurte prüfen.
Diese Vorgaben bilden den Rahmen für die Haftungsfrage und für die Zuweisung konkreter Verantwortung.


Wer ist verantwortlich für die Ladungssicherung?
Auch wenn in der Praxis manchmal behauptet wird, die Zuständigkeit liege grundsätzlich bei einer Partei, verteilt sie sich immer auf mehrere Schultern:
- Fahrer bzw. Fahrerin
Diese sind verpflichtet, die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs vor Fahrtantritt zu prüfen. Das umfasst auch die ordnungsgemäße Ladungssicherung. Sie dürfen eine Fahrt nicht antreten, wenn die Ladung unsicher ist. - Verlader
Die verladenden Personen sind für die technisch korrekte Verladung zuständig. Sie müssen sicherstellen, dass die Ladung fachgerecht verstaut und gesichert ist – und zwar gemäß den anerkannten Regeln der Technik (VDI 2700). - Unternehmer / Halter
Der Fahrzeughalter bzw. das Transportunternehmen sind zuständig dafür, dass geeignetes Material und geschultes Personal bereitgestellt werden. Auch die Bestellung von „beauftragten Personen“ muss nachvollziehbar erfolgen. Ansonsten tragen sie eine Mitverantwortung. - Absender
Die Absender tragen Mitverantwortung für die Ladungssicherung nach dem Handelsgesetzbuch. Insbesondere sind sie verpflichtet, die Ware transportgerecht bereitzustellen und alle erforderlichen Informationen zur sicheren Beförderung zu übermitteln. Bei mangelhafter Sicherung können durchaus Haftungsansprüche entstehen.

Haftung und Sanktionen bei Verstößen
Die Haftung bei mangelnder Ladungssicherung kann für alle Beteiligten schwerwiegende Folgen haben. Das gilt natürlich insbesondere, wenn es zu einem Unfall kommt. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen Ordnungswidrigkeit, zivilrechtlicher Haftung und strafrechtlicher Verantwortung.
Zivilrechtliche Haftung: Wer zahlt im Schadensfall?
Kommt es zu einem Unfall mit Personen- oder Sachschaden, greifen zivilrechtliche Regelungen, insbesondere:
- § 823 BGB (unerlaubte Handlung): Haftung für Schäden an Dritten (z.B. verletzte Personen, beschädigte Fahrzeuge).
- § 280 BGB (Verletzung vertraglicher Pflichten): Bei Schäden innerhalb vertraglicher Beziehungen.
- § 425 ff. HGB: Bei Schäden an der transportierten Ware. Hier haftet häufig der Frachtführer oder der Absender.
Wichtig: Je nach Sachlage können mehrere Parteien gemeinsam haften. Die Gerichte prüfen im Einzelfall, wer welche Verantwortung für die Ladungssicherung hatte und ob diese ausreichend erfüllt wurde.
Strafrechtliche Konsequenzen: Wenn es ernst wird
Wenn Leib und Leben gefährdet oder sogar verletzt wurden, kann die Staatsanwaltschaft tätig werden. Mögliche Straftatbestände:
- Fahrlässige Körperverletzung oder Tötung (§§ 229, 222 StGB)
- Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)
- Verstoß gegen das Produkthaftungsgesetz oder Umweltrecht
Zuständigkeit in der Ladungssicherung: Was bedeutet „beauftragt“ und inwieweit lässt sich delegieren?
Was bedeutet „beauftragte Person des Verladers“?
Eine beauftragte Person in der Ladungssicherung für ein Fahrzeug ist vom Unternehmen schriftlich damit beauftragt worden, Entscheidungen bei der Verladung selbständig zu treffen. Sie muss über die notwendige Fachkenntnis verfügen, idealerweise nachgewiesen durch eine Schulung oder Qualifikation. Ohne ausreichende Schulung kann im Schadensfall dennoch das Unternehmen haften. Eine bloße Unterschrift reicht nicht aus.
Darf ein Verlader die Verantwortung an den Fahrer übertragen, also delegieren?
Das darf er zumindest nicht vollständig. Verlader dürfen zwar Aufgaben delegieren, nicht aber die volle Verantwortung. Eine eigenverantwortliche Kontrolle bleibt Pflicht. Eine vollständige Entlastung ist nur dann möglich, wenn die fahrende Person nachweislich über alle Mittel, das Wissen und die Entscheidungsfreiheit zur Sicherung verfügt. In der Praxis ist das jedoch selten der Fall.
Wer darf bzw. muss Hilfsmittel prüfen – und wie oft?
Zurrgurte, Netze oder Spannsysteme müssen regelmäßig durch zur Prüfung befähigte Personen kontrolliert werden. Die Anforderungen regelt TRBS 1203. Befähigte Personen benötigen fundiertes Wissen zu Technik, Rechtslage und Dokumentation. Die Prüfintervalle richten sich nach Nutzung und Belastung, sollten jedoch mindestens jährlich erfolgen. Außerdem kommt den Fahrern eine eigene (Sicht-)Kontrollpflicht vor Fahrtantritt zu. Diese ergibt sich unmittelbar aus § 23 StVO, wonach sie dafür zu sorgen haben, dass das Fahrzeug samt Ladung betriebs- und verkehrssicher ist.
Best Practice: Teamarbeit statt Abwälzen
In der Theorie ist also vieles klar geregelt. In der Praxis jedoch ist die Verantwortlichkeit für die Ladungssicherung oft ein Zusammenspiel vieler Beteiligter. Häufige Missverständnisse entstehen durch unklare Zuständigkeiten, fehlende Kommunikation oder unzureichende Ausbildung.
Verantwortlichkeit bewusst teilen
- Den Fahrern muss bewusst sein, dass sie für die Fahrtüchtigkeit ihres Fahrzeugs inklusive der Ladung beim Transport mitverantwortlich sind.
- Verlader sind mitverantwortlich für die sachgemäße und sichere Platzierung und Sicherung der Ladung.
- Unternehmen müssen organisatorisch sicherstellen, dass qualifiziertes Personal und geeignete Hilfsmittel bereitstehen.
- Disponent und Lagerpersonal sollten ebenfalls in die Verantwortungskette einbezogen werden, da sie häufig operativen Einfluss auf die Beladung haben.
Sicherheit und Verantwortung in der Praxis
- Schulungen nach VDI 2700 mit Nachweis
- Checklisten und Übergabeprotokolle zur Absicherung
- Klare betriebliche Vorgaben, wer was zu tun hat
Sicherheitskultur fördern
Eine gelebte Sicherheitskultur Im Unternehmen ersetzt Schuldzuweisungen durch klare Rollenverteilung. Das vermeidet Konflikte und erleichtert die Arbeit erheblich. Wer so vorausschauend handelt, schützt Verkehrsteilnehmer und Mitarbeiter und reduziert rechtliches Risiko.
Fazit: Zuständigkeit ist teilbar, aber nicht übertragbar
Die Frage nach der verantwortlichen Zuständigkeit für die Ladungssicherung lässt sich nicht mit einem Namen oder einer Funktion beantworten. Jeder Beteiligte am Transport einer Ladung mit einem Fahrzeug trägt seinen Teil, vom Versender über die Geschäftsführung bis zum Verlader. Die Einhaltung der Vorschriften zur Ladungssicherung im Lkw ist mehr als ein Pflichtprogramm: Sie ist entscheidend für Sicherheit, Rechtssicherheit und den wirtschaftlichen Erfolg im Transportwesen. Nur wenn alle mitziehen, ist die ordnungsgemäße Ladungssicherung gewährleistet und damit der Weg frei für eine sichere Fahrt.