Die Ablegereife für Spanngurte und Zurrgurte

Leitfaden zur Ladungssicherung: Wann ist ein Spanngurt ablegereif?

Spanngurte sind unverzichtbare Helfer in der Logistik und im Transportwesen. Sie sichern Ladungen zuverlässig – vorausgesetzt, sie befinden sich in einwandfreiem Zustand. Doch wie erkennt man, wann ein Gurt die sogenannte Ablegereife erreicht hat und aus dem Verkehr gezogen werden muss? Dieser Beitrag bietet einen praxisnahen Überblick über die wichtigsten Kriterien, rechtliche Hintergründe und konkrete Empfehlungen für den Alltag.

Was bedeutet „Ablegereife“ bei Zurr- und Spanngurten?

Der Begriff Ablegereife beschreibt das Ende der Lebensdauer eines Zurr- oder Spanngurts, wenn dieser aufgrund von Beschädigungen, Materialermüdung oder anderen sicherheitsrelevanten Mängeln nicht mehr eingesetzt werden darf. Der Gurt gilt dann als nicht mehr betriebssicher und muss umgehend aussortiert werden. Wichtig ist dabei: Die Ablegereife hängt nicht zwangsläufig vom Alter der Gurte ab. Anders als beispielsweise bei Helmen oder Feuerlöschern gibt es für Spanngurte kein fest definiertes Ablaufdatum. Stattdessen entscheidet allein der Zustand darüber, ob ein Gurt noch verwendet werden darf. Das betrifft sichtbare Schäden, Materialveränderungen, fehlende oder abgelaufene Kennzeichnungen.

Dabei spielen auch die Einsatzbedingungen eine Rolle: Ein Gurt, der im Lauf der Jahre täglich im rauen Außeneinsatz genutzt wird, hat eine geringere Lebensdauer als ein Exemplar, das nur gelegentlich bei gutem Wetter eingesetzt wird. UV-Strahlung, chemische Einflüsse, mechanische Belastungen und unsachgemäße Lagerung beschleunigen den Verschleiß zusätzlich. Die regelmäßige Sichtprüfung ist daher keine freiwillige Maßnahme, sondern eine gesetzlich und normativ empfohlene Sicherheitsvorkehrung. Sie hilft, Gefahren vor der Benutzung der Zurrgurte zu erkennen und Unfälle zu vermeiden. 

Wichtig: Sobald auch nur eines der weiter unten definierten Kriterien für Ablegereife erfüllt ist, darf der Gurt nicht weiterverwendet werden, unabhängig davon, wie neu , teuer oder bekannt der Hersteller gewesen sein mag.

Arbeiter mit Notizblock für Fracht mit Spanngurten

Wichtige Ablegekriterien im Überblick

Schäden am Gurtband

  • Einschnitte oder Risse: Wenn Schnitte mehr als 10 % der Breite des Gurtbands betreffen, ist die Tragfähigkeit erheblich beeinträchtigt.
  • Beschädigte Nähte: Auflösende oder fehlende Nähte können die Stabilität des Gurts gefährden.
  • Verformungen durch Hitze: Wärmeeinwirkung kann das Material schwächen und zu dauerhaften Verformungen führen.
  • Kontakt mit aggressiven Stoffen: Chemikalien oder andere schädliche Substanzen können das Gurtmaterial angreifen und unbrauchbar machen.
  • Unleserliches oder fehlendes Etikett: Fehlt das Kennzeichnungsetikett oder ist es unleserlich, darf der Gurt nicht mehr verwendet werden. Besonders die zulässige Zugkraft (LG), der Hersteller und ggf. die Prüfplakette sollten klar erkennbar sein.
  • Prüfen Sie Ihre Spanngurte auf das CE-Zeichen. Oftmals zeigen Billig-Importe (vor allem aus China) ein CE Zeichen auf dem eingenähten Etikett. Das ist nicht zulässig und zeugt oft davon, dass die Gurte überhaupt nicht geprüft wurden. Auch solche Gurte sollten abgelegt bzw. ausgetauscht werden.

Mängel an Ratsche und Haken

  • Ratsche: Brüche, Risse oder starke Korrosion an der Ratsche beeinträchtigen die Funktion und stellen ein Sicherheitsrisiko bei der Verwendung dar.
  • Haken: Eine Aufweitung des Hakenmauls um mehr als 5 % oder andere Verformungen sind klare Hinweise auf die Ablegereife. Sie gefährden die sichere Befestigung des Gurtes. Vorhandene Verschluss-Sicherungen sollten einwandfrei funktionieren.
Komplett verrostete Ratsche von einem Spanngurt

Diese Kriterien basieren auf den Vorgaben der DIN EN 12195-2 und der VDI-Richtlinie 2700 Blatt 3.1. Bei festgestellten Mängeln hat der Gurt das Ende seiner Lebensdauer erreicht. Er sollte ausgesondert und eindeutig als „nicht verwendbar“ gekennzeichnet werden. Dokumentieren Sie das Prüfergebnis (Datum, Prüfer, Ergebnis).

Rechtliche Vorschriften und mögliche Konsequenzen

Die Vorschriften zur Ladungssicherung in Deutschland beruhen unter anderem auf der Straßenverkehrsordnung (StVO), dem Handelsgesetzbuch (HGB) und der Unfallverhütungsvorschrift „Fahrzeuge“ (DGUV Vorschrift 70).

Wer ablegereife oder beschädigte Zurrmittel einsetzt, handelt fahrlässig – mit potenziell gravierenden Folgen:

  • Bußgelder und Punkte: Bei Kontrollen kann die Polizei die Weiterfahrt untersagen und Bußgelder verhängen. Je nach Schwere des Verstoßes drohen auch Punkte in Flensburg.
  • Haftung im Schadensfall: Bei einem Unfall kann der Verlader oder Fahrer zivil- und strafrechtlich haftbar gemacht werden.
  • Versicherungsprobleme: Die Verwendung mangelhafter Zurrmittel kann dazu führen, dass Versicherungen Leistungen verweigern, insbesondere, wenn grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Versicherungen untersuchen nach einem entsprechenden Unfall immer auch die Sicherungsmittel.

Kurzum: Der Einsatz intakter, geprüfter Spanngurte ist nicht nur eine Frage der ordentlichen Ladungssicherung, sondern auch der rechtlichen Absicherung.

Hammer der auf mehreren 50 Euro scheinen liegt - Bußgelder für Spanngurte

Empfehlungen für die Praxis

Um die Sicherheit dauerhaft zu gewährleisten, sollten folgende Maßnahmen in Ihrem Unternehmen zur Routine gehören:

  • Sichtprüfung vor jedem Einsatz
    Prüfen Sie vor jedem Gebrauch alle Bestandteile, also Gurtband, Ratsche und Haken auf Beschädigungen. Achten Sie besonders auf Schnitte, ausgefranste Kanten, Verformungen oder Rost.
  • Jährliche Hauptprüfung durch eine sachkundige Person
    Laut VDI 2700 Blatt 3.1 sollte mindestens einmal jährlich eine gründliche Überprüfung durch eine fachkundige Person stattfinden. Diese prüft systematisch alle Komponenten und dokumentiert das Ergebnis.
  • Kennzeichnung und Dokumentation
    Führen Sie eine Prüfdokumentation für jedes Zurrmittel. Hilfreich sind dabei Prüfplaketten, Kontrollkarten oder digitale Systeme, mit denen Wartungsintervalle verfolgt werden können.
  • Festes Austauschintervall für häufige Nutzung
    In stark beanspruchten Betrieben empfiehlt sich ein regelmäßiger Austausch der Gurte, auch wenn keine Mängel sichtbar sind, z.B. alle zwei bis drei Jahre. Dies erhöht die Betriebssicherheit zusätzlich.
  • Lagerung, Pflege und Reparatur
    Lagern Sie Gurte trocken und geschützt vor UV-Strahlung und Chemikalien. Verschmutzte Gurte können vorsichtig mit Wasser gereinigt werden. Achten Sie aber auf eine vollständige Trocknung vor dem nächsten Einsatz.
  • Achtung: Beschädigte Gurte und andere Elemente der Ladungssicherung dürfen nicht repariert werden. Jede Art von Reparatur gefährdet die Sicherheit und die Versicherung!

Fazit zu der Ablegereife von Spanngurten

Die regelmäßige Kontrolle von Spanngurten ist ein zentraler Bestandteil der Ladungssicherung. Nur durch sorgfältige Prüfungen lassen sich Risiken verringern und die Sicherheit im Transport bestmöglich gewährleisten. Wer die Ablegereife-Kriterien kennt und konsequent anwendet, schützt nicht nur die Ware, Fahrzeug und andere Verkehrsteilnehmer, sondern auch sich selbst und das Unternehmen vor rechtlichen und finanziellen Konsequenzen.